Die fehlende Verbindung bei Druck und Verpackung

Print muss sich den Gesetzen der digitalen Kommunikation anpassen

„Kann die Druckindustrie mit dem digitalen Wandel Schritt halten? Oder fällt sie im Hinblick auf die schnelle, digitale Kommunikation zurück? Was ist nötig, um sie als echtes Bindeglied zwischen Marke und Verbraucher zu etablieren?“
Horst Huber, CEO priint Group / WERK II, meldet sich zu Fragen zu genau diesen Fragen zu Wort.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Druck als Marketinginstrument

Es war die gute alte Zeit, als Print noch die Hauptsäule der Kundenkommunikation war und andere Druckereien die einzigen Konkurrenten waren. Als Print selbst noch nicht auf dem Prüfstand stand. Das hat sich radikal geändert. Das digitale Denken ist zum Hauptkonkurrenten der Druckereien geworden. Kürzlich hörte ich von einem Marketingleiter:

„Wir wollen das SEO-Budget erhöhen, indem wir die Druckauflage halbieren.“

Ein anderer Drucker erzählte mir, dass ihm der Zugang zu einem seiner früheren Kunden verwehrt wurde, weil Druck im Moment kein Thema sei.

„Fakt ist, dass sich Print den Gesetzen der digitalen Kommunikation anpassen muss, wenn es mittelfristig erfolgreich sein und bleiben will.“

Horst Huber

CEO
priint Group / WERK II

„Fakt ist, dass sich Print den Gesetzen der digitalen Kommunikation anpassen muss, wenn es mittelfristig erfolgreich sein und bleiben will.“

Horst Huber

CEO
priint Group / WERK II

Marketing-Präsentation – mit oder ohne Druck?

Zu den Werbedruck-Kunden gehören Großhändler, Einzelhändler und Hersteller. Die Marketingspezialisten der Unternehmen können als Bindeglied fungieren. Betrachtet man jedoch die gesamte Beziehung zwischen der Druckindustrie und ihren Kunden, so muss sich die Druckindustrie die provokante These gefallen lassen, dass sie im Grunde den Kontakt verloren hat.

Ein wesentlicher Faktor, der meines Erachtens zumindest von einigen Druckereien weitgehend ignoriert wird, ist, dass sich die relevanten Ansprechpartner auf Kundenseite verändert haben und die Verbindung zu neuen relevanten Zielgruppen fehlt. Diese neuen Ansprechpartner in den Unternehmen sind digitale Player, die digital denken und agil handeln. Der Begriff „Digitaldrucker“ bekommt hier eine neue Bedeutung: „Digitaldrucker“ müssen digital denken und ihren Kunden den Mehrwert von Print als Teil der digitalen Kommunikation verständlich machen. Anders ausgedrückt: Nicht das Druckverfahren oder die Auflagenhöhe etc. sind entscheidend, sondern die Conversion Rate, der personalisierte Inhalt und die emotionale Ansprache der jeweiligen Kommunikationsmaßnahme.

Wir wissen, dass der Endverbraucher auf seiner Customer Journey rund 150 Touchpoints antrifft, von denen etwa 15 % druckbezogene Touchpoints sind – egal ob in PDF- oder Printform.

Zukunft von Print in der Multichannel-Kommunikation

Die digitale Kommunikation ist auf dem Vormarsch

„Nur so wenige?“, könnte ein Offliner reagieren. „Immer noch so viele?“, wird ein Onliner wahrscheinlich antworten. Unabhängig davon, welche Perspektive man einnimmt, ist es unbestreitbar, dass die digitale Kommunikation auf dem Vormarsch ist, immer mehr Digital Natives in die Marketingabteilungen kommen und die Endverbraucher die Regeln der modernen Kommunikation diktieren. Dennoch wissen wir aus unserer täglichen Arbeit, dass Print Konversionsraten im höheren zweistelligen Bereich erzielen kann und dass das haptische Medium wie kaum ein anderes emotionale Momente auslösen und den Verkauf fördern kann. Wir wissen auch um die Nachhaltigkeit und ihre Bedeutung als „Türöffner“ zum digitalen Geschäft. Fakt ist aber, dass sich Print den Gesetzen der digitalen Kommunikation anpassen muss, wenn es mittelfristig erfolgreich sein und bleiben will.

Welchen Gesetzen folgt die digitale Kommunikation?

Gesetz Nr. 1: On Demand

Digitale Kommunikation ist auf Abruf verfügbar. Natürlich ist das bei der Printkommunikation nicht exakt zu erreichen. Aber wenn wir die gesamte Zeitspanne – von der Datenerfassung bis zur Druckproduktion – betrachten, sehen wir, dass 90 bis 95 % der Zeit auf der Kundenseite und nicht im Druck verbracht wird. Das bedeutet, dass die Prozesse auf der Kundenseite mit der Druckindustrie verknüpft werden müssen, um ein enormes Potenzial an Zeiteinsparungen zu erzielen.

Gesetz Nr. 2: Personalisierung

Mit jeder E-Mail oder jedem Klick lernen Softwarelösungen den Endkunden besser kennen, um ihm noch individuellere und personalisiertere Angebote zu machen. Für die Produktion von Printprodukten bedeutet dies, dass neben den Produktinformationen auch Informationen aus CRM-Systemen in den Druckprozess integriert werden müssen.

Gesetz Nr. 3: Trial & Error

Online-Kampagnen werden gesplittet, getestet, gegeneinander ausgespielt usw., um aus den Ergebnissen zu lernen und sie in die nächsten Kampagnen einfließen zu lassen. Das lässt sich nicht in gleicher Weise auf die Printkommunikation übertragen. Dennoch sollten die Ergebnisse der Printkampagnen auch in die digitalen Marketingsysteme einfließen. Denn so wird der Erfolg einer Printkampagne schnell offensichtlich und messbar.

Gelten diese Gesetze auch für Verpackungen?

Der Verpackungsdruck ist der Wachstumsmarkt der Druckindustrie. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die oben genannten technologischen Lücken auch im Verpackungsdruck geschlossen werden müssen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Bei den immer kürzeren Produktlebenszyklen ist ebenso bei den Lieferketten mehr Agilität notwendig. Hierfür stehen in der Verpackungsindustrie ausgefeilte und leistungsfähige Workflow-Systeme, Druck- und Veredelungsanlagen zur Verfügung. Ihre Integration in die Systeme von Industrieunternehmen befindet sich jedoch noch in einem frühen Stadium. Es muss gelingen, Daten aus ERP-, MDM-, PIM-, DAM-, CRM- und CMS-Systemen direkt für die Verpackungsindustrie nutzbar zu machen, um schneller und agiler auf den Markt reagieren zu können und damit dessen Anforderungen zu erfüllen. Zu den Herausforderungen bei der Umsetzung gehören neben den technischen und rechtlichen Anforderungen zunehmend länder-, sprach- und personenbezogene Varianten.

Datenkonnektivität für Druck & Verpackung

Fazit

Stehen die Kunden in der Realität hinter der Druck- und Verpackungsindustrie? Die hohe Dynamik des Marktes, wie das sich ständig ändernde Verbraucherverhalten, der Wettbewerbsdruck von Markenartiklern und die Gesetze der digitalen Wirtschaft, stellen vieles auf den Kopf. Meiner Erfahrung nach sind Druckereien und Verarbeiter in Sachen Technologie oft besser aufgestellt als ihre Kunden. Doch was nützt die schnellste Maschine, wenn Daten und integrierte Prozesse fehlen? Ein digital aufgestellter Dienstleister hingegen beginnt agil zu arbeiten und zeigt seinen Kunden, wie die digitalen Regeln, nach denen der Kunde arbeitet, schnell in der Prozesskette umgesetzt werden können. Neben Technologien, die die Prozesskette von der Marke bis zum Dienstleister verbinden, sind auch die Digitalisierung und Automatisierung sowie der Digitaldruck von großer Bedeutung, um zum Beispiel dem Trial-and-Error-Prinzip gerecht zu werden. Letztlich geht es darum, eine komplette digitale Lieferkette zu etablieren, die Verbraucher, Markeninhaber, Handel, Druck und Distribution umfasst.

Horst Huber

Horst Huber beschäftigt sich seit Anfang der 90er Jahre mit Methoden zur Optimierung von Printmedien, Crossmedien- und Cross-Channel-Kommunikation und ist einer der erfahrensten Vordenker im Bereich Print Publishing.

Horst’s Schwerpunkte

  • Print Publishing
  • Print Automatisierung