Price, Product, Place and Promotion – wichtig 2022 und in Zukunft

Die Rückkehr der Experten

Teil 3

Es findet ein Kulturwandel statt, was bedeutet das für Unternehmen?

Immer schneller wechselnde Marktbedingungen, die fortschreitende Digitalisierung und ein innerhalb von Unternehmen stattfindender Kulturwandel verdrängen zunehmend klassische, lineare Arbeitsabläufe. Die regionale Produktion erlebt, aufgrund ins Stocken geratener globaler Lieferketten und dem wachsenden Bewusstsein um Nachhaltigkeit, eine zweite Renaissance.

So könnte die Kurzversion der ersten beiden Teile (Teil 1: Marketingtrends 2022 und Teil 2: Regionalität, Marken und Lieferketten) unseres dreiteiligen Premedia Zukunftsgesprächs lauten. Warum Technologie kein Selbstzweck sein darf und Marketer weiterhin auf bewährte Tugenden wie die 4 P’s setzen sollten, erfahren Sie im dritten und letzten Teil des Gesprächs mit Christoph Teller, Wolfgang Erlebach und Ralph Hofmann.

Erlebach: Das Tempo bei neuen Technologien ist enorm, und während in Europa viele Unternehmen noch Mühe haben, Schritt zu halten, wird in Asien und Amerika die nächste technologische Revolution, die künstliche Intelligenz (KI), bereits umgesetzt. Allerdings muss sie noch in sehr vielen Anwendungsfällen antrainiert werden und hat noch massiv an Menschlichkeit, Wärme und Sympathie zu lernen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Es wird noch viel an der Technologie geforscht – und neben den Vereinigten Staaten geschieht dazu auch in Ländern wie China, Südkorea und Israel sehr viel. Im Vergleich dazu haben wir einen großen Nachholbedarf. Das liegt wohl auch daran, dass die Marketingphilosophie in der gesamten DACH-Region immer noch sehr klassisch ist.

4 P's des Marketings

Die 4 P’s – also Price, Product, Place und Promotion – die wir schon in den 1970ern an den Universitäten gelernt haben, werden in Österreich in der Praxis meist ignoriert. In der Industrie kenne ich nur wenige Unternehmen, die im Betrieb tatsächlich mit einer konsequenten Produkt-, Preis-, Distributions-, und Kommunikationsstrategie arbeiten.

Die 4 P’s sollten Marketer nicht nur kennen, sondern auch verstehen

Hofmann: Ja, dass ist leider oft der Fall. Es hat sich aber mittlerweile verbessert. Die Wahrheit liegt im Detail: Wenn man keine echten Marketer ausbildet, bekommt man auch keine. Wie Christoph (Teller) sicher bestätigt, wird mittlerweile an der JKU Linz versucht, Wirtschaftsrealität in das Studium zu integrieren. Wo wäre zum Beispiel der Möbelriese XXXLutz, wenn er ausschließlich Promotion gemacht hätte? Wir haben alle die Theorie gelernt, aber wir müssen es auch umsetzen. Aber vor allem brauchen wir echte Vermarkter, die die 4 P’s nicht nur kennen, sondern auch verstehen.

Erlebach: Marketingabteilung die die 4 P’s nicht bespielen, mutieren zwangsläufig zur Werbeabteilung. Aus meiner Sicht gehört ein strategischer Marketer wie der CMO in alle Entscheidungen und Maßnahmen einbezogen, was Produkt, Preis, Distribution und Promotion angeht – und das auf Augenhöhe. Er muss die Möglichkeit bekommen, die 4 P’s konsequent umsetzen zu können. Und ihm müssen die Ressourcen an die Hand gegeben werden, um diese mit einem entsprechenden Technologie-Orchester auf der Höhe der Zeit umsetzen zu können.

„Die Wahrheit liegt im Detail: Wenn man keine echten Marketer ausbildet, bekommt man auch keine. Der Marketer von heute muss der ultimative Kundenversteher sein.“

Ralph Hofmann

Director Markeintg & Sales Palmers

„Die Wahrheit liegt im Detail: Wenn man keine echten Marketer ausbildet, bekommt man auch keine. Der Marketer von heute muss der ultimative Kundenversteher sein.“

Ralph Hofmann

Director Markeintg & Sales Palmers

Mit dem gleichen Tempo wie die „Online Pure Player“

Hofmann: Meiner Meinung nach muss der Marketer von heute der ultimative Kundenversteher sein. Diese Kernkompetenzen, die mit guten Fähigkeiten und technologisch machbaren Innovationen eingesetzt werden, müssen wir in Österreich wieder vermitteln und umsetzen.

Erlebach: Richtig! Ein guter Marketer kennt ja nicht nur Promotion und Budget – sondern weiß um viel grundlegendere Themen: Awareness, Grip, Entscheidungskompetenz, Mitsprache und Involvement. Es geht um die Frage, welches Produktsortiment, welche Distributionskanäle, welche Preisstrategien man im jeweiligen Business anwendet. Und es geht darum, mit Mittbewerbern aus den Reihen der „Online Pure Player“ mithalten zu können – und dazu gehört längst nicht nur mehr Amazon. Um das zu schaffen, muss Veränderung stattfinden, vor allem in Richtung Customer Experience und Customer Journey. Das alles ist Marktkommunikation, und diese beginnt nicht erst kurz vor dem Kauf, sondern schon lange davor – das sind Verkaufsflächen auf Handys, auf der Straße, in einem Einkaufszentrum, und das ist das Verstehen des Kundenkontextes: Ich muss seine Prägung kennen, wissen, wo er gerade steht, was er gerade gemacht hat, was er will. Und dazu muss man den Kunden nicht „ausspionieren“, was ja durch die DSGVO ohnehin immer schwieriger wird. Das sind neu definierte Spielregeln, die mit Marketing und der dazugehörigen Technologie – ganz im Sinne der 4 P’s – geschaffen werden.

„Das führt viele zu der Frage: Brauchen wir jetzt neues Marketing? Die Antwort lautet: Nein, wir brauchen das alte Marketing, aber umgesetzt mit den neuen digitalen Helfern. Die Erde ist immer noch rund, nur digitaler.“

Prof. Dr. Christoph Teller

Vorstand des Instituts für
Handel, Absatz und Marketing
Johannes Kepler Universität (JKU)

„Das führt viele zu der Frage: Brauchen wir jetzt neues Marketing? Die Antwort lautet: Nein, wir brauchen das alte Marketing, aber umgesetzt mit den neuen digitalen Helfern. Die Erde ist immer noch rund, nur digitaler.“

Prof. Dr. Christoph Teller

Vorstand des Instituts für
Handel, Absatz und Marketing
Johannes Kepler Universität (JKU)

Grundprinzipien des Marketings

Teller: Es ist genauso wie du es schilderst. Die Grundprinzipien, die das Marketing lehrt – wie es im Lehrbuch steht. Angefangen damit, dass etwas einen Nutzen, einen Wert haben muss, dass man den Kunden verstehen und eine Beziehung zu ihm aufbauen muss, um eine wiederholte Transaktion zu erreichen. Mir scheint, dass wir uns von Technologien blenden lassen, die versprechen, alles zu können, und dabei die wesentlichen Grundsätze des Marketings ausblenden.

Es gibt eine Publikation aus den 60er Jahren mit dem Titel „Marketing Myopia“. Damals war alles auf das Produkt und die Branche ausgerichtet, und nicht auf die Bedürfnisse der Verbraucher. Heute haben wir die „Technologie-Myopie“ und die Technologie, verstellt uns den Blick für das große Ganze. Die neuen digitalen Werkzeuge, die uns versprechen, alle unsere Aufgaben und Probleme zu erledigen, haben uns kurzsichtig gemacht. Dabei fragen wir uns nicht: Hat die Technologie wirklich einen Kundennutzen? Braucht der Kunde sie? Ist sie wichtig? Das führt viele zu der Frage: Brauchen wir jetzt neues Marketing? Die Antwort lautet: Nein, wir brauchen das alte Marketing, aber umgesetzt mit den neuen digitalen Helfern. Die Erde ist immer noch rund, nur digitaler.

Zusammenfassend lässt sich festhalten

Für Marketer sind der Wandel und die ständige Anpassung an das Marktumfeld nichts grundlegend Neues. Entscheidend ist, das Beste aus den Veränderungen zu machen und von wachstumsstarken Marken zu lernen. Technologie kann dabei vieles vereinfachen, automatisieren und skalieren. Allerdings ist der Erfolg einer Marketingkampagne abhängig von einer klaren Strategie, die auf den fundamentalen Prinzipien des Marketings aufbaut.

Das waren also die wichtigsten Erkenntnisse unseres dreiteiligen Premedia Zukunftsgesprächs. Eine mögliche Schlussfolgerung lautet: Marketing wird relevant bleiben, wenn es mit der Verbindung von bewährten Tugenden und gezieltem Technologieeinsatz den Weg in die Zukunft beschreitet. Wir hoffen, dass Ihnen die Diskussionsrunde mit unserem CEO Wolfgang Erlebach, Christoph Teller und Ralph Hofmann einen Überblick verschaffen konnte, wie sich die Branche durch die Pandemie verändert hat und welche Perspektiven sich für die Zukunft eröffnen.

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